
„… where the magic happens.“
Die Weta-Studios. Neuseelands wohl berühmteste Special Effects Schmiede liegt in einem unscheinbaren Vorort von Wellington. Auf der kurzen Fahrt weist kaum etwas auf die Magier hin, die vor über 20 Jahren Peter Jackson’s Fantasy Orgie um Hobbits und Ringe auf der Leinwand zum Leben erweckten. Direkt davor wird’s allerdings trollig.
Angefangen haben die Wetas („weta“ im Übrigen ist, wie könnte es anders sein, der Name einer Māori Gottheit für „Hässliche Wesen“) in den frühen 80ern. Schon damals leisteten sie Peter Jackson Schützenhilfe, als der seine beiden Splatter-Klassiker „Meet the feebles“ (eine äußerst schwarze Parodie auf die „Muppetshow“ mit hohem Ekelfaktor) und „Braindead“ (Trash-Horror-Komödie mit tausenden Litern Kunstblut) auf die Kinoleinwände brachte. Beide Streifen genießen heute Kultstatus.
Der Stoff aus dem Legenden sind.
Nicht weiter verwunderlich also, dass Jackson die Weta-Mannen dann Anfang der 2000er auch mit der damals wohl wahnwitzigsten Mission betraute, die man als SFX- und Requisiten-Studio annehmen kann – und die alle Beteiligten später für die Filmgeschichte unsterblich machen würde: Baut mir den Herrn der Ringe.
Und so stehen am Anfang der „Weta-Cave Studiotour“ auch gleich drei herzige Gesellen Wache, die sofort den richtigen Ton für alles setzen, was kommt: Die Original-Trolle aus den Hobbit-Filmen.
Fantasy-Träume en miniature.
Drinnen steigt dann der Puls der geneigten Mantel-Schwert-und-Zauberstab-Fans. Eine Mischung aus Mini-Museum und Gift-Shop präsentiert Memorabilia, limitierte Fan-Editionen, Vitrinen mit unschätzbaren Werten und sämtliche Geschmacksrichtungen an Merchandise. Man hört förmlich das leise Klingeln der Goldmünzen, auf denen Smaug sich träge im Schlaf wendet. Los geht‘s mit winzigen bis mittelgroßen Figuren der Mittelerde-Protagonisten:
Aus den abgebildeten Hobbithöhlen-Miniaturen übrigens hat man in der Werkstatt ein Modell des Auenlands zusammengesetzt, das sich prima für Kamerafahrten eignet:
Waffen. Wir brauchen Waffen.
Gleich gegenüber kommen all jene auf ihre Kosten, die sich für Stechen, Hauen und Schlitzen interessieren. Und auch hier dominiert Tolkiens LOTR-Universum: einträchtig hängen hier Anduril, die Flamme des Westens (Aragorn) und Gimlis schartige Zwergenaxt neben Legolas’ Kurzschwertern und Bilbos „Stich“, der Elbenklinge, die blau schimmert, wenn Orks in der Nähe sind. Alle hier vorgestellten Stücke werden in der hauseigenen Schmiede produziert und sind, das notwendige Kleingeld vorausgesetzt, käuflich zu erwerben. Preise in Neuseelanddollar, Umrechnung ca. 1 NZ$ = 0,61€
„3 Ringe für die Touristen, in ihren Bussen aus Chrom.“
…könnte Galadriel zumindest in der Einleitung der LOTR-Trilogie hinzugefügt haben, denn bei Weta gibts selbstverständlich auch „den EINEN Ring“ in verschiedenen Materialien, je nach Liquidität der Kundschaft. Kleiner Wermutstropfen: Nur die teuerste Ausführung aus 18karätigem Echtgold (7.299 NZ$) ist in Handarbeit hier in Neuseeland gefertigt, die günstigeren Versionen kommen alle aus Asien 🤷🏻♂️.
Unbezahlbare Heiligtümer der Filmgeschichte.
Neben den (wenn auch teuren) käuflichen Souvenirs sind im Museumsteil des Giftshops Arbeiten der Weta-Magier ausgestellt, die wirklich und wahrhaftig in den Filmen zu sehen waren. Rüstungen von Orks, Uruk-hai und Elben, gefertigt aus Metall und Leder, wie man es von einer Rüstung eben erwarten würde. Dazu eine Vitrine, in der eines der Narsil-Modelle ausgestellt ist, jene gebrochene Klinge, die später zu Anduril zusammengefügt werden wird. Und echte Hobbitfüße. Der Mund steht in stummer Ehrfurcht offen.
No pictures, please.
Auf der folgenden Tour erzählt Flynn, der Guide, Anekdötchen und Fakten aus der Geschichte der Weta-Caves – und verbietet freundlich, aber bestimmt auf weiten Teilen des Weges jeglichen Kameraeinsatz. Denn: auch wenn Weta fast exklusiv jede Requisite, jede Waffe, jedes Modell für Lord of the Rings bzw. die drei Hobbit-Filme produziert hat – die Rechte an der Vermarktung liegen woanders, und sind klar geregelt. Das schließt auch private Fotos mit ein. Ein paar lebensechte Herrschaften durften wir dann allerdings trotzdem auf Nullen und Einsen bannen.
Zusätzlich gibts eine kurze Exkursion zum Thema Rüstungsbau: für die Designs der Zwergenrüstungen aus den Hobbitfilmen kam mehrheitlich verdichteter Kunststoff zum Einsatz, der meisterhaft bemalt und anschließend „abgenutzt“ wurde: Der Sage nach spielte das Designteam gern mit den fertigen Helmen Fußball (bzw. Rugby), um den Stücken den Used-Look des Schlachtenbummlers zu verpassen.
Charisma, ein Löffel und 30 Jahre Alufolie.
Ein besonderer Part der Werkstatttour ist die Begegnung mit Kim. Kim, bildende Künstlerin und Designerin bei Weta, fertigt Skulpturen und Modelle aus Alufolie, die sie anschließend mit einem Lehm-/Beton-Gemisch überzieht, um sie haltbar zu machen. In über 30 Jahren Karriere sei ihr kein besserer, billigerer Werkstoff untergekommen. Die Energie & Ausstrahlung, mit der sie uns an den absoluten Basis-Moves ihrer Kunst teilhaben lässt, ist… seht selbst:
Die Weta-Caves sind ein absolutes Must-See für alle Neuseeland-Reisenden – auch auf die Gefahr hin, dass das Reisebudget empfindlich geschröpft und der heimische Alufolien-Vorrat künftig in der Metro statt beim Aldi erworben wird.


4 Kommentare
cmos
Ziemlich cool. Also nicht nur sprachmalerisch – das wusste ich schon – auch die Foto- und Videodoku gefällt mir sehr!
Ich bekomme etwas Fernweh und spüre eine gewisse Kiwisehnsucht in mir, die langsam stärker wird…
Chris
Danke sehr – und: völlig zurecht, es ist schlichtweg faszinierend hier. Wenn ich das White Water Rafting morgen hier in Taupo überstehe, folgen morgen Abend die Bilder zu unsern Mini-Hikes rund um den „Schicksalsberg“ und zu Gollums Pool – das sieht dann einfach mal aus wie Schottland 🤯😁
Cmos
Ohoh, kein Lebenszeichen?
Sind sie zu stark, bist du zu schwach. Was haben die Wassermassen mit euch gemacht?
Du hast zwar in der letzten Episode über Ringe gesprochen, aber ob es nun Ringe für euch gab ist mir nicht ganz klar geworden..
Schaut ihr euch auch den Nationalsport an? Ich war ein Winterhalbjahr in NZ und das heißt eine Rugby-Saison lang. Und da hab ich es geschaftt ein Spiel in Auckland im Eden Park anzusehen, Kiwis gegen Aussis. Der Haka – das Begrüßungsritual (wieder Māori-Wurzeln) zur Einschüchterung der Gegner – war für mich das beeindruckenste, denn unmittelbar danach wusste ich nicht mehr worum es ging. Hab das Spiel bisher nicht verstanden. Kein Plan was die da machen, war für mich nur wühlen im Schlamm.
Die Sommersportart ist ja dann nun dran – Cricket. Kann man das anschauen? Und Tee trinken?
Chris
Rugby ist ne witzige Idee, und einen halben Haka haben wir zufällig in Rotorua mitbekommen, als die Tour nach uns einen gebucht hatte und die Māori dann auch zur Tat schritten – ziemlich beeindruckend, stimmt.
Dank lahmem Internet hat der Bilder-Upload bisschen gedauert, dafür gibts jetzt aber nen Bonus Wasserfall 😁