
Danke, Wellington.
Die südlichste Hauptstadt der Welt kann so einiges: Entspannte, weltoffene Kiwis, hervorragende Gastro mit angeschlossener Craftbeer-Szene, winzige Hotelzimmer, jede Menge Herr der Ringe-Spaß, alles da – bis auf ein wichtiges Detail.
12 qm Weltstadt.
„The Windy City“ (weltweit die Hauptstadt mit den höchsten Windgeschwindigkeiten) präsentiert sich uns mehrheitlich windstill, dafür bei angenehmen 22 Grad und sonnenbrandtauglichen UV-Werten. Der Check-in im „U Boutique Hotel“ konfrontiert uns mit gewissen Platznöten und Badezimmer gegenüber auf dem Gang, dafür gibts nen Balkon. Allerdings sind wir ja nun auch nicht für die Hotelzimmer hier.




New York meets Mülheim an der Ruhr.
Architektonisch und vom „Urban-Eindruck“ her macht die Hafenstadt einiges richtig. Spannend fand ich allerdings die lokal enge Begrenzung der wolkenkratzerähnlichen Konstrukte auf einen sehr engen Bereich in der Stadtmitte; der Rest von Wellington kommt dann wieder, sehr neuseeland-like, mit Flachbauten aus Holz daher, die irgendwie an die 20er in den USA erinnern? Oder Kolonialzeit? Wo stecken eigentlich fähige Architekt:innen, wenn man sie mal braucht?





Parlament im Bienenstock.
Gelegen am Südzipfel der Nordinsel ist Wellington nach Auckland die zweitgrößte Metropole der Kiwis und beherbergt unter anderem den Regierungssitz. Der Ort, an dem die Regierung von Ministerpräsidentin Jacinda Ardern ihren Geschäften nach geht, wird von den Wellingtonians liebevoll „The Beehive“ („Der Bienenstock“) genannt – wahrscheinlich aus dem selben Grund, der dem Bundeskanzleramt den Beinamen „Waschmaschine“ eingebracht hat. 🤷🏻♂️ QED:



A walk in the park.
Natur mögen sie hier in Neuseeland, so ganz grundsätzlich. Merkt man auch in der Hauptstadt: Wer mit der (als Sehenswürdigkeit etwas überbetonten, eher unspektakulären) historischen Seilbahn zum botanischen Garten raufgondelt, wird auf dem abschließenden Spaziergang bergab nicht nur mit Aussicht, sondern mit jeder Menge Chlorophyll belohnt.








Capital of Craftbeer & Cuisine.
Nach einem hochanstrengenden Parkspaziergang über mindestens 1,5 km (bergab!) überkommt die erschöpfte Reisegruppe ein wohlverdienter Heißhunger. Kohlenhydrate müssen her, schnell, in ausreichender Menge, gern auch frittiert. „No worries, mates“, lächelt Wellington, „I got you.“
Und tatsächlich rühmt sich die kleine Kapitale einer exzellenten Gastroszene, der sich ein paar innovative Craftbeerbrauereien angeschlossen haben. Gaumen und Leber werden in Wellington fündig, der und die Reisende pfündig.



Dem Fresskoma nahe und mit verbrannten Fingern steuern wir einem weiteren Highlight entgegen:
Hobbitjagd auf dem Mount Victoria.
Ein weiterer Aspekt der neuseeländischen Metropole wird vom hübschen Beinamen „Wellywood“ umfasst: In Wellington ist die komplette Filmbranche Neuseelands beheimatet. Und auch für unser aller Lieblingsfilm-Trilogie durfte der örtliche Hausberg, Mount Victoria, als Drehort herhalten – wie bereits an anderer Stelle berichtet.
Wer sich also, bewaffnet mit Google Maps und dem eisernen Willen des LOTR-Fans, den kleinen Hügel hinaufbegibt, wandelt schnell auf Frodos Spuren bzw. an den Original Schauplätzen:






Deutlich weniger fiktional, dafür stellenweise für uns Deutsche wenig verständlich war der (komplett kostenfreie) Besuch im Nationalmuseum.
Māori, Vulkane, Weltkriegs-Hurra.
Insgesamt drei Ausstellungen haben wir im „Te Papa Tongarewa“ besucht: ne lustige (mehrheitlich für Kids, viel zum Mitmachen & Anfassen) über Vulkangeschichte, Besiedlung, Flora und Fauna Neuseelands, eine eher philosophische über die Legenden der Māori und wie diese heute noch das Selbstverständnis aller Kiwis beeinflussen – und eine blutige.




In der „Gallipolli-Exhibition“ wird (leider) mit jeder Menge Hurra-Patriotismus eine Episode aus dem ersten Weltkrieg dargestellt. Die britische Krone, im Krieg mit den Deutschen, hat aus ihren „Dominions“ Australien und Neuseeland Truppen für den Krieg nachbestellt. Dieses so genannte „ANZAC“ (Australian and New Zealand Army Corps) sollte eigentlich nach Westeuropa geschifft werden, wurde aber auf halber Strecke auf der Gallipolli Halbinsel von den Türken (Verbündete der Deutschen) aufgehalten – die Entente-Mächte wollten unbedingt diese strategisch wichtige Ecke einnehmen um später Istanbul anzugreifen und haben das ANZAC an Land geschickt. Wo es mit Mann und Maus von den Türken aufgerieben wurde.
Soweit mein grobes Verständnis von der Story, wer möchte, möge hier alle Details zu der dämlichen Aktion nachlesen. Für uns Deutsche jedenfalls ist die SEHR patriotische Darstellung der Vorkommnisse in der Ausstellung eher Grund zum leisen Kopfschütteln – ginge bei uns einfach aus sehr naheliegender Gründen nicht, würd auch niemand wollen 🤷🏻♂️.
Was fehlt.
Davon abgesehen allerdings ist Wellington definitiv ein weiteres Highlight dieses Trips. Ganz entgegen der albernen Kriegsfolklore im Museum sind die Wellingtonians nämlich (wie die überwiegende Mehrheit aller Kiwis auf unserer Tour) ein echt sympathischer Haufen – hier irgendwie noch mal besonders; scheinbar möchte man als Hauptstadt mit einer eher jungen, kulturell ganz weit vorne rangierenden Bevölkerung all die guten Dinge, die man so global über Neuseeländer:innen hört, besonders betonen. Und das klappt ganz hervorragend.

Von daher: DANKE, Wellington! Und dass Du erschreckenderweise KEINE Hop-on-Hop-off-Bus-Touren anbietest (die wir Touris so gern machen, halb ironisch natürlich), ist im Nachhinein betrachtet dann eigentlich doch gar nicht so schlimm.

