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Recap: Rhythm & Vines 2022.

Das größte Festival Neuseelands: Drei Tage Musik, Teenies, Dosenbier. Fein war’s – und hier und da sehr seltsam.

Aber von vorne: Das Rhythm & Vines, zu deutsch passenderweise etwa „Rhythmus und Reben“ startete Anfang der 2000er als kleine Reggae-Veranstaltung unter Freunden auf einem ehemaligen Weinberg vor Gisborne, einem kleinen Städtchen an Neuseelands Ostküste.

Seitdem ist das Event dezent explodiert – was durchaus auch am Willen des Veranstalters liegt, das Rhythm & Vines zum „Initiationsritus für Neuseelands Jugend“ zu machen. Und das scheint soweit gelungen zu sein: Jede:r Kiwi, der oder die etwas auf sich hält, MUSS mit Anfang zwanzig mal da gewesen sein.

Entsprechend ist das Lineup auch auf junge Neuseeländer zugeschnitten: Der geneigte Europäer erkennt kaum einen der hauptsächlich lokalen Acts (gut, seien wir ehrlich: GAR keinen). Musikalisch gehts auf den vier Bühnen vor allem jenseits der 100 Beats per Minute zu, Drum n Bass, HipHop und verschiedene Geschmacksrichtungen von elektronischer Tanzmusik bestimmen das akustische Geschehen. Auf Deutsch: Es ballert. Und zwar hart.

Zu den wenigen (und für uns angenehmen) Ausnahmen gehört z.B. Ladyhawke, die mit handgemachtem Strom-Geklampfe überzeugen können, und der andernorts bereits erwähnte Sir Dave Dobbyn.

Der Vibe passt.

Macht aber alles nix, schließlich gehts bei so nem Festival vor allem um die Atmosphäre, den „Vibe“ – und der ist mehr als flauschig. Die 28.000 Kiwi-Kids sind bis auf wenige Ausnahmen unglaublich interessiert, entspannt und quatschen einen einfach so aus Interesse an. So dauert es bspw. keine 2 Sekunden, die man versucht, ein Pärchen-Selfie zu machen, bis nacheinander mindestens vier (!!) fremde Menschen ihre Hilfe beim fotografischen Unterfangen anbieten. Vier oder fünf wirklich witzige Begegnungen waren eines der Festival-Highlights für mich, inklusive wertvoller Insider-Tipps für Bars und Läden in Auckland, die direkt auf die Todo-Liste gewandert sind.

Darüber hinaus tut auch der Veranstalter einiges, um die Stimmung hier friedlich zu halten – alle passen aufeinander auf, und sind herzergreifend… nett.

Die Sache mit den Dosen.

Eines allerdings stört das sonst so verantwortungsbewusste Bild: Weissblechdosen. Wo die Kiwis uns ansonsten mit gesteigerter Sorge um Natur und Umwelt positiv auffallen, gibts Getränke auf dem Rhythm & Vines Getränke fast ausschließlich in Einweg-Dosen ohne Pfandregelung. Das Gelände ist somit bereits am Ende von Tag 1 übersät mit Altmetall. Daran können auch die überall präsenten Müllsammler mit den orangenen Westen wenig ändern.

Rückzugsort der VIPs.

Unser von Deutschland aus gebuchtes Festival Package umfasste neben dem Shuttlebus und den zugehörigen 3 Motel-Übernachtungen auch den „VIP-Zugang“ zum „Vintage-Club“. Treffend benannt, hier sammelten sich nämlich die wenigen „Vintage-Gäste“ des Festivals (also alle nördlich der 30) an der eigenen Theke. Und wie es sich für uns gesetztere Herrschaften gehört, gab‘s nicht nur eine eigene Weinbar, sondern auch Luxus-Dixies. Mit Spülung. Für uns Deutsche ein bisschen verwunderlich: Gesponsert wurde der VIP-Bereich von der „Luxusmarke“ Mumm – jap, genau, der gute deutsche Mumm-Riesling-Sekt, den man daheim für 7€ die Flasche aus dem mittleren bis unteren Regal fischt, spielt hier mit Dom-Perignon-Allüren auf.

Feines Event ohne hohen Wiederholungsfaktor.

Fazit: Das R&V 2022 hat uns mit offenen Armen und offenen Dosen empfangen, die „Gen Z“ Neuseelands ist von ausgesuchter Flauschigkeit und ein Jahreswechsel mit 28.000 anderen Menschen hat eben dann doch was, gerade nach drei Jahren COVID-Beschränkungen.

Die Musik allerdings war zu keiner Zeit unser „Cup of tea“, die Shuttleverbindung per Bus vom Motel hätte durchaus regelmäßiger fahren dürfen und 11 NZ$ (6,53€) für eine kleine 0,33 Liter Dose mediokres Pils sind auch eher am ungünstigen Ende der „Besoffen-pro-Geld“-Skala.

Trotzdem: DANKE R&V 2022!!

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